Die CDU ohne Merkel wäre schwach. Dennoch: Sie wird überschätzt. Sie ist die Personifizierung eines Potemkinschen Dorfes:
Häufig wird ihr zugeschrieben,
dass sie „als Physikerin vom Ende her denke“(Physiker „denken gar nicht vom Ende her“, sondern sie formulieren aus empirischen Daten Gesetze), dass sie als „Ostdeutsche immer wieder gezeigt hat,
dass sie wenig Respekt hat vor den Beständen des bundesrepublikanischen Konservatismus“ (Alan Posener in WELT vom 18.8.2017)
und dass sie eine „moralische Instanz“ sei, weil sie die Grenzen für Flüchtlinge mitleidig geöffnet habe.
Zu den einzelnen ihr zugeschriebenen „Qualitäten“:
Sie hat die Grenzen nicht nur aus Mitleid geöffnet und offen gelassen, sondern auch weil die Regierung die positive Meinung der Wähler zur „Willkommenskultur“ fürchtete (Robin Alexander, „Die Getriebenen“).
Sie hat die Energiewende überhastet (nicht wie die Schweizer) nach Fukushima nicht aus Sorge um die Sicherheit eingeleitet, sondern auch weil sie Roten und Grünen ein Wahlkampfthema nehmen wollte. Die Kosten für Energie werden immer höher.
Dass sie bei diesem Problem „vom Ende her gedacht“ hat, kann man ebenso wenig behaupten, wie bei den chaotischen Folgen ihrer Migrantenpolitik.
Ihre negative Einstellung gegen den Konservatismus in der CDU wird ihr wahrscheinlich noch bei einem „wind of change“ um die Ohren fliegen.
All diese Schwächen, bzw. dieser macchiavellistische Machterhalt, werden verdeckt durch Deutschlands enorm starke Wirtschaft – zu der sie als Person nicht übermäßig viel beigetragen hat. Kein europäischer Führer würde sie hofieren, wenn sie aus einem armen Land käme.
Und zum Schluss dieser Einschätzung:
Von Merkel habe ich außer Allgemeinplätzen der schwäbischen Hausfrau noch nie ein geschichtsphilosophisches tiefgründigeres Statement gelesen. Sie muss gar nicht so schlau daherreden wie Richard von Weizsäcker. Aber leider ist das Tragische der conditio humana und der Politik in ihrem Riesenausschnitt bei den Wagner-Festspielen in Bayreuth untergegangen.